GUNTHER HAMPEL (1997)

EIN MUSIKALISCHES SCHLÜSSELERLEBNIS WAR FÜR MICH....

als ich zum ersten Mal in meinem Leben am Vibraphon stand und den Sound erlebte, der mich dermaßen angetörnt hat, daß ich das mein ganzes Leben lang mit mir herumschleppe auf der Welt und da meine Töne raushole.

EIN VÖLLIGER FEHLKAUF WAR DIE PLATTE...

Ich will´s nicht als Fehlkauf bezeichnen, aber vor ein paar Wochen hat mich der "Rolling Stone" beauftragt, über die Jazz-Qualitäten von Helge Schneider zu berichten. Und ich glaube, das war der falsche Mann, den sie da gefragt haben.

MAN KÖNNTE MICH NACHTS WECKEN FÜR...

...jeden Auftritt. Du kannst mich mitten in der Nacht wecken und kannst mir sagen:

"Steig´ ins Flugzeug und komm´ nach New York oder Honululu und play for me!"

Das mach´ ich sofort!

ES FÄLLT MIR SCHWER ZUZUGEBEN, ABER ICH STEHE WIRKLICH AUF...

Makrobiotik.

EINE MUSIK, DIE ICH MIR NOCH ERARBEITEN MUSS, IST...

...mein Konzert heue abend.

EIN MUSIKALISCHER TRAUM VON MIR IST...

Ich habe mein Leben lang gute Arbeit abgeliefert und bin jetzt auf einem Level, wo fast alle Musiker, die für mich irgendeine Bedeutung haben, gerne mit mir auftreten und mein Prinzip von Musik gerne verwirklichen wollen. Und ich habe einfach nicht genug Geld oder Produzenten, um diese Dinge - die da noch harren, die da noch unausgelöffelt für uns alle als Hörgenuß bereitstehen - zu verwirklichen.

WICHTIGER ALS MUSIK IST MIR...

Das Atmen.

BEETHOVEN...

Gerade letzte Woche habe ich mal wieder Beethoven gehört -

und er hat mich umgeworfen, schier umgeworfen!

PRINCE...

Für mich - und dafür werden sie mich jetzt mal wieder unter die Gouliotine schmeissen - aber Prince und Michael Jackson sind die Coltranes unserer heutigen Zeit.

UDO JÜRGENS...

...kenne ich aus der Zeit, wo ich 1959/60 in sogenannten deutschen Jazzclubs "unter Tage" gearbeitet habe. Und Udo Jürgens ist öfter gekommen und ist bei uns eingestiegen, als Pianist und Sänger. Und er hat "Ol´ Man River" gesungen und all so etwas, und alle Mädchen in dem Raum, die sind hingeschmolzen. Dagegen waren wir Musiker plötzlich abgestandene Ware. Ich will damit sagen: er hat´s früher wirklich gut draufgehabt. Wir haben wirklich Spaß gehabt, miteinander zu spielen

JOHN CAGE...

Gerade weil ich mit diesen vielen schwarzen Musikern spielte, als ich anfing, mich in meine eigene europäische Tradition wieder hineinzuarbeiten, bin ich dann auch auf die Amerikaner gestoßen: Edgar Varèse und John Cage, Charles Ives. Und da habe ich z.B. den Wert der John Cage´schen Musik entdeckt. Und er war eine der Schlüsselfiguren, die mich beeinflußt haben, meine Musik auch so zu ordnen, also in den Griff zu kriegen. Und viele, viele Jahre später kam John Cage in New York zu unseren Konzerten und fand das Konzept, was ich ausgearbeitet habe, unglaublich, wo wir halt kollektiv Arbeit leisten. Also er war schier umgeworfen, und das hat ihn auch dazu verleitet, Jean Lee in eines seiner Stücke einzubeziehen.

BEATLES...

...haben mich zum ersten Mal spielen gehört, 1961 in Hamburg, als ich im "Barrett" aufgetreten bin. Da hatten die nämlich montags frei und sind immer zu uns Jazzmusikern gekommen. Und ich bin rübergegangen in den "Kaiserkeller" und in den "Star Club", wo die unter Tage gespielt haben vor 20 Zuschauern oder 10 zahlenden Gästen.

JOHN ZORN...

...ist mir persönlich noch nicht sehr über den Weg gelaufen. Ich selber habe auch von meiner Musik, meiner Umgebung recht wenig Zugang zu diesen Dingen, die jemand wie Zorn im Moment macht.

KARLHEINZ STOCKHAUSEN...

Seine Musik hat mich auch von Anfang an immer interessiert. 1962, 63, 64 da war ein Zeitpunkt in meinem Leben, wo diese Bergwerksarbeit in diesen Jazzclubs aufhörte, weil die zumachten.Da bin ich in Köln - der Alex Schlippenbach, der damals mein Pianist war, der hatte Schulmusik belegt und hat hier an der Musikhochschule studiert - mit Kaskel und Kagel und Prof. Zimmermann und auch mit Stockhausen und seiner ganzen Gemeinde in enge Kontakte gekommen und habe seinerzeit hier auch als Zuhörer eine Menge für mich verarbeitet, um auch meine Musik, die ja auch in diesem frei-tonalen Bereich zu Hause ist, zu studieren.

MADONNA...

Sängerin und populär und die Welt immer wieder auf sich aufmerksam zu machen, das hat sie aus dem effeff drauf.

MILES DAVIS...

Ich hab einmal auf den Berliner Jazztagen gespielt und habe versucht, mein Vibraphon die Treppen hochzuschleppen, weil der Aufzug nicht ging. Da kamen Miles Davis und Kenny Barron, die schleiften sich auch die Treppe hoch, d.h. der Miles hatte damals gerade seinen Unfall gehabt, und dann hat er den Kenny Barron zu mir rübergeschickt: "Lass´ doch den armen Kerl nicht allein sein Vibraphon da hochschleppen!"

Aber ich bin Miles Davis auch in New York ein paar Mal begegnet. Für mich ist das, was der Miles gemacht hat, genau der richtige Weg, wie man sich weiter fortsetzt in seiner musikalischen Umgebung. Lionel Hampton hat´s gemacht, Miles Davis hat´s gemacht; er hat die Tänze benutzt und die Rhythmen - jetzt kommen wir auf Prince wieder zurück, er hat sehr viel von Prince übernommen -, und das deckt sich auch mit meinen Dingen. Mich hat neulich in einer Zeitung irgendein Mensch als den "Miles Davis der 90er Jahre" bezeichnet, weil ich ja jetzt eine Gruppe habe, wo ich sehr viel von diesem unglaublichen Talent der Rapper in meine Musik einbaue. D.h. ich mache auch das, was Miles Davis in den 70er Jahren gemacht hat; ich nehme auch das, was um mich herum ist und baue das in meine Musik mit ein.

PAVAROTTI...

Ja, den finde ich ganz gut.

DIE PRINZEN...

...sind sehr gut und sehr geschickt in dieser Altersgruppe, sagen wir mal der 15- und 16jährigen, etwas zu machen, was nicht ganz so stumpfsinnig ist wie das, was man sonst hört.

ALBERT MANGELSDORFF...

Wir sind ja nun alte Freunde seit Jahrzehnten, ich weiß gar nicht, wie lange wir schon zusammenspielen. Albert ist erstaunlich und für uns alle ein Zeichen dafür, daß man ruhig alt werden darf, ohne an Energie zu verlieren.

ZAPPA...

...auch ein Freund von mir. Mit Frank Zappa bin ich viele Stunden durch Amsterdam gelaufen. Das erste Mal habe ich Frank Zappa auf den Essener Songtagen gesehen, da habe ich mit meinenm Quartett gespielt - mit John McLaughlin und Arjen Gorter und Laurie Allen -, da haben wir direkt vor Zappa gespielt. Und wir haben eine so interessante, frische Musik gespielt, da kamen Frank und seine Leute auf unsere Bühne und haben geguckt, wo wir denn unsere Synthesizer und unsere Maschinen hatten - aber wir hatten überhaupt nichts. Wir haben alles nur akustisch gemacht. Und die sollten eigentlich spielen, die haben zu spät angefangen, weil sie so unglaublich fanden, was wir gemacht haben.

REIF FÜR DIE INSEL - DIESE PLATTEN NEHME ICH MIT...

Die erste Platte, die ich mitnehmen würde, ist meine neue Platte "Next Generation". Wer immer die bisher gehört hat, der dudelt die fünf bis zehnmal am Tag. Mich eingeschlossen. Ich kann ohne das Ding nicht mehr leben.

Die zweite Platte wäre wohl eines der tollen Sachen von Charles Ives. Dann würde ich gerne mitnehmen Pannalha Gosh, das ist ein indischer Holzflötenspieler, ein wahrer Meister seines Fachs, einer der Großen unseres Jahrhunderts. Dann würde ich natürlich gerne ein paar Sachen von Coltrane mitnehmen, Charlie Parker, Duke Ellington und Charles Mingus und Monk und all diese tollen Jazzplatten, die ich zu Hause habe. Die würde ich alle mitnehmen.

 

 

 

 

©2002 by Michael Rüsenberg